Obwohl seine Ehefrau bei der Hochzeit bereits schwer an Krebs erkrankt war und nur drei Monate später starb, hat der verwitwete Ehemann nach einem Urteil des Sozialgerichts Berlin Anspruch auf Witwer-Rente aus ihrer Versicherung. Im Streitfall konnte die gesetzliche Vermutung einer Heirat in Versorgungsabsicht widerlegt werden, denn bereits vor Bekanntwerden der Diagnose hatten die Partner konkrete Heiratspläne (Az. S 4 R 618/21).
Im Streitfall begehrte der Witwer von der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung seiner Ehefrau. Bei der Versicherten war erstmals 2014 Brustkrebs diagnostiziert und behandelt worden. Im September 2019 reservierte das Paar, welches bereits seit sieben Jahren zusammenlebte, Veranstaltungsräume, um im Juli des Folgejahres mit einer großen Feier zugleich ihre beiden 50. Geburtstage zu feiern und zu heiraten. Im November 2019 meldeten sie den Termin der Eheschließung beim Standesamt an. Im Dezember 2019 wurde bei der Versicherten dann ein Wiederauftreten der Erkrankung festgestellt, im März 2020 empfahl man eine Chemotherapie, Anfang April 2020 kam die Versicherte schließlich zur Behandlung ins Krankenhaus. Noch im selben Monat wurde die Ehe im Krankenhaus geschlossen. Rund drei Monate später starb die Versicherte. Die beklagte Rentenversicherung lehnte den im November 2020 gestellten Antrag auf Witwer-Rente ab.
Das Sozialgericht gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zur Rentenzahlung. Zwar hätten Witwen oder Witwer nach der gesetzlichen Vermutung keinen Anspruch auf Witwen-Rente oder Witwer-Rente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Etwas anderes gelte jedoch nach Ansicht des Gerichts, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Versorgung des Klägers sei im Streitfall nicht der überwiegende Zweck der Heirat gewesen. Tatsächlich sei die Hochzeit lange vor Bekanntwerden der Erkrankung geplant gewesen. Zudem habe der Kläger glaubhaft geschildert, dass Hauptgrund für die vorgezogene Trauung die Einschränkungen der Corona-Pandemie gewesen seien. Sie hätten durch ihre Heirat das strikte Besuchsverbot im Krankenhaus überwinden wollen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, denn die Beklagte hat gegen die Entscheidung Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
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